OLG Hamm, Urteil vom 31.01.2012, Az. 4 U 169/11

So manche Regelung erscheint auf den ersten Blick als einfache Lösung großer Probleme. Bis sich die Juristen einschalten …

Das nachfolgende Urteil des OLG Hamm zeigt, warum es sinnvoll sein kann, auch bei einer vermeintlich einfachen Regelung vorher einen Anwalt zu fragen.

Sachverhalt

Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich der Vermittlung von Pflegekräften.

In dem Internetauftritt der Klägerin vom 07.09.2011 befand sich unter der Rubrik „Haftungsausschluss“ folgende Regelung:

„Um die Kosten eines Rechtsstreits zu vermeiden, sollten Sie uns im Vorfeld bei unvollständigen Angaben, wettbewerbsrechtlichen Vorkommnissen oder ähnlichen Problemen auf dem Postwege kontaktieren. Eine kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung ohne diesen vorab Kontakt, wird aus Sicht der Schadensminderungspflicht als unzulässig abgewiesen.“

Die Klägerin ließ später ihrerseits den Beklagten wegen einer wettbewerbswidrigen Zeitungswerbung mit Anwaltsschreiben vom 24.08.2011 abmahnen. Gleichzeitig forderte sie den Beklagten auf, die entstandenen Anwaltskosten in Höhe von € 755,80 zu zahlen.

Der Beklagte gab zwar – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, weigerte sich aber, die Anwaltskosten zu zahlen.

Die Vorinstanz hatte dem Beklagten Recht gegeben und die Klage abgewiesen.

Klägerin darf sich nicht selbst widersprechen

Das OLG Hamm bestätigt die Entscheidung des Ausgangsgerichts und kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass der Klägerin kein Erstattungsanspruch im Hinblick auf die Anwaltskosten zusteht. Die Berufung der Klägerin war daher unbegründet.

Nach dem Vortrag der Klägerin bestand aufgrund des Wettbewerbsverstoßes des Beklagten eine rechtliche Sonderverbindung zwischen den Parteien. Im Rahmen dieser Sonderverbindung muss sich die Klägerin nach den Ausführungen des Gerichts aufgrund ihres eigenen Haftungsausschlusses nach dem Grundsatz von Treu und Glauben so behandeln lassen, als ob auch mit der Beklagten eine Absprache getroffen worden wäre, dass vor einer formellen Abmahnung durch einen Anwalt vorab Kontakt aufzunehmen ist. Ansonsten stellte ihr Verhalten einen unauflösbaren Selbstwiderspruch dar.

Das Gericht stellt zusammenfassend fest, dass es einem abmahnenden Mitbewerber frei steht, sofort abzumahnen und die Anwaltskosten dafür erstattet zu verlanden. Derjenige dagegen, der von seinen Mitbewerbern verlangt, sich nach der Entdeckung von Wettbewerbsverstößen zunächst vorab an ihn zu wenden, um eine möglicherweise kostenträchtige anwaltliche Abmahnung zu vermeiden, müsse sich dann auch selbst so verhalten. Er binde sich mit einer solchen Verhaltensempfehlung in Bezug auf sein eigenes Verhalten in ähnlicher Weise, als wenn er sich vertraglich zu einem solchen Vorabkontakt verpflichtet hätte.

Der Beklagte durfte deshalb darauf vertrauen, dass die Klägerin ihn kostenneutral auf einen Wettbewerbsverstoß hinweisen werde.

Dieser Vorabkontakt hätte nach der Überzeugung des Gerichts ausgereicht, um eine förmliche Abmahnung durch einen Anwalt und den damit verbundenen Anfall von Kosten zu vermeiden. Damit war die erfolgte anwaltliche Abmahnung nicht erforderlich. Es liegen somit nicht alle Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch der Klägerin vor.

Zusammenfassung

Die vorliegende Entscheidung zeigt sehr schön, wie eine vermeintlich vorteilhafte Regelung wie ein Boomerang zurückkehren und die eigene Situation verschlechtern kann.

Der eigene Ausschluss des Kostenersatzes für berechtigte anwaltliche Abmahnungen ist daher mit Vorsicht zu genießen.