AG Plettenberg, Urteil vom 23.10.2017, Az. 1 C 219/17
Nicht immer bringt der Online-Handel den Beteiligten nur Vorteile: So versuchen Online-Händler beispielsweise, die Retouren-Quote niedrig zu halten.
Der ein oder andere Kunde möchte dagegen sicherstellen, dass ihm kein günstiges Angebot entgeht.
Aber ab welchem Zeitpunkt kann der Kunde die Lieferung der von ihm über Amazon bzw. einen Marketplace-Anbieter bestellten Ware verlangen?
Diese Frage beantwortet das Amtsgericht Plettenberg in seiner nachfolgenden Entscheidung:
Sachverhalt
Die Klägerin bestellte am 06.02.2017 über die Webseite Amazon.de bei der Beklagten einen Vasa-Fit Whirlpool W195, Jacuzzi für einen Kaufpreis von € 396,-.
Noch am selben Tag erhielt die Klägerin von dem Absender bestellbestaetigung@amazon.de eine E-Mail, die mit „Bestellbestätigung“ überschrieben war. Diese enthielt am Ende folgenden Text:
„Bitte beachten Sie: Diese E-Mail dient lediglich der Bestätigung des Eingangs Ihrer Bestellung und stellt noch keine Annahme Ihres Angebotes auf Abschluss eines Kaufvertrages dar. Ihr Kaufvertrag kommt zu Stande, wenn wir Ihre Bestellung annehmen, indem wir Ihnen eine E-Mail mit der Benachrichtigung zusenden, dass der Artikel an Sie abgeschickt wurde.“
Die Klägerin forderte die Beklagte anschließend mehrfach zur Vertragsabwicklung auf.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass ein Vertrag mit der Klägerin nicht zustande gekommen ist. Sie behauptet zudem, dass ihr Marketplace-Konto bei Amazon am 06.02.2017 geknackt und über 200.000 Artikel zu unrealistischen Preisen angeboten worden seien. Das Konto sei bereits in der Nacht auf den 07.02.2017 von der Beklagten deaktiviert und Amazon informiert worden.
Keine Vertragsannahme durch Bestellbestätigung
Das AG Plettenberg weist die Klage ab und verneint somit einen Vertragsschluss zwischen der Klägerin und der Beklagten.
Das Gericht stellt zunächst fest, dass ein wirksamer Vertragsschluss Angebot und Annahme voraussetzt.
Das Einstellen des Artikels bei Amazon im Marketplace stelle noch kein Angebot dar. Ansonsten würde sich die Beklagte als Verkäufer bei einem begrenzten Warenbestand möglicherweise einer unbestimmbaren Vielzahl von Vertragspartnern gegenüber schadenersatzpflichtig machen.
Als Angebot ist nach den Feststellungen des Gerichts vielmehr die von der Klägerin getätigte Bestellung vom 06.02.2017 zu qualifizieren.
Bestellbestätigung als reine Wissenserklärung
Dieses Angebot wurde nicht angenommen.
Unter Würdigung der Begleitumstände ergibt eine Auslegung der Bestellbestätigung nach Ansicht des Gerichts, dass es sich bei dieser um eine bloße Zugangsbestätigung als Wissenserklärung und nicht um eine Annahme handelt.
Mit der E-Mail vom 06.02.2017 sei vielmehr die gesetzliche Pflicht zur Abgabe einer Eingangsbestätigung für die Bestellung gemäß § 312i Abs. 1. S. 1 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beachtet worden. Es erscheint dem Gericht zudem zweifelhaft, dass sich ein Händler bei Anwendung moderner Warenwirtschaftssystem im Rahmen eines automatisierten Bestellvorgangs ohne eigene Prüfung binden will.
Zusammenfassung
Es ist davon auszugehen, dass der angebotene Whirlpool sehr günstig gewesen ist. Die Klägerin wäre ansonsten wohl nicht so hartnäckig gewesen.
Online-Händler sollten deshalb – unabhängig von einem möglichen Hackerangriff – darauf achten, dass das bloße Einstellen eines Artikels in ihrem Online-Shop noch kein Angebot darstellt. So behalten sie die Kontrolle über das Zustandekommen von Kaufverträgen.
Auf der anderen Seite dürfen sich Kunden nicht zu früh freuen: Erst muss ein wirksamer Kaufvertrag über das vermeintliche Schnäppchen zustande kommen. Und das erfolgt manchmal eben später, als man denkt.