Umfasst der Schadenersatzanspruch den Austausch der Schließanlage?
BGH, Urteil vom 05.03.2014, Az. VIII ZR 205/13 (AG Heidelberg, LG Heidelberg)
Schließanlagen sind weit verbreitet und ganz praktisch. So bleibt die Anzahl der Schlüssel am Schlüsselbund überschaubar. Kompliziert wird es erst, wenn ein Schlüssel verloren geht.
Mit den entsprechenden Schadenersatzansprüchen bei Verlust eines Wohnungsschlüssels hat sich der Bundesgerichtshof in seiner nachfolgenden Entscheidung beschäftigt:
Sachverhalt
Der Beklagte hatte von dem Kläger für drei Monate dessen Eigentumswohnung gemietet. Nach Beendigung des Mietverhältnisses konnte er jedoch von den zwei Wohnungsschlüsseln, die er bei seinem Einzug erhalten hatte, nur noch einen zurückgeben. Den zweiten Schlüssel hatte er verloren.
Nachdem die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft des Klägers von dem Verlust erfahren hatte, verlangte sie vom Kläger die Zahlung von € 1.468,- für den aus Sicherheitsgründen für notwendig erachteten Austausch der Schließanlage und fügte einen Kostenvoranschlag in gleicher Höhe bei. Die Schließanlage wurde jedoch nicht ausgetauscht.
Der Kläger nahm darauf hin den Beklagten auf Zahlung des Schadenersatzes an die Wohnungseigentümergemeinschaft in Anspruch.
Verschulden des Klägers
In seiner vorliegenden Revisionsentscheidung führt der Bundesgerichtshof zunächst aus, dass der Kläger im Rahmen einer rechtlichen Sonderverbindung zwischen den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft für das Verschulden von Hilfspersonen nach § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einzustehen hat.
Der Kläger ist daher als Miteigentümer gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft in gleicher Weise zur Obhut über die ihm ausgehändigten Schlüssel der Schließanlage verpflichtet wie der Beklagte im Rahmen des Mietverhältnisses gegenüber dem Kläger.
Der Kläger haftet damit für den durch den Verlust eines dem Beklagten ausgehändigten Schlüssels entstandenen Schaden.
Was ist der ersatzfähige Schaden bei Verlust eines Schlüssels?
Spannender ist in diesem Zusammenhang jedoch die Frage, welche Auswirkungen der Verlust des Schlüssels auf die Schließanlage hat, d.h. worin konkret der Schaden besteht.
In seiner weiteren Prüfung kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Verlust eines nachlieferbaren Schlüssels nicht zu einem Sachschaden an der gesamten Schließanlage, d.h. zu einem Eingriff, der über die Einbuße eines verlorenen Schlüssels hinausgeht, führt. Dies zeige sich schon daran, dass die Funktionsbeeinträchtigung der Schließanlage nicht durch einen neu angefertigten Schlüssel beseitigt werden könne.
Der Austausch der Schließanlage sei vielmehr eine Maßnahme der Schadensverhütung, da die Schließanlage in ihrer Sicherungsfunktion beeinträchtigt ist, wenn sich Unbefugte mit dem verloren gegangenen Schlüssel Zutritt verschaffen könnten. Schadenersatz könne somit erst nach Durchführung des Austauschs der Schließanlage verlangt werden, da sich der Geschädigte andernfalls die bloße Besorgnis weitere Schäden in Geld bezahlen ließe.
Der Bundesgerichtshof fasst dies wie folgt zusammen:
“Ein ersatzfähiger Schaden entsteht vielmehr erst dann, wenn sich der Geschädigte aus objektiver Sicht unter den konkret gegebenen Einzelfallumständen zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr veranlasst sehen darf, die Schließanlage zu ersetzen, und diesen Austausch auch tatsächlich vornimmt.“
Da die Schließanlage vorliegend nicht ausgetauscht wurde, liegt auch kein ersatzfähiger Vermögensschaden vor. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten nicht zu.
Zusammenfassung
Wer seinen Wohnungsschlüssel verbummelt, muss damit rechnen, für die Kosten des Austauschs der gesamten Schließanlage in Anspruch genommen zu werden.
Auf der anderen Seite werden sich diejenigen, die den Austausch der Schließanlage veranlassen und bezahlen, gut überlegen müssen, wie sie ihre Chancen, sich dieses Geld als Schadenersatz zurückzuholen, einschätzen. Der Sicherheitsvariante, erst einmal einen Kostenvoranschlag einzuholen und dann vor einem Austausch zu schauen, ob bzw. was beim Schädiger zu holen ist, hat der Bundesgerichtshof jedenfalls einen Riegel vorgeschoben.