OLG Nürnberg, Urteil vom 27.06.2011, Az. 8 U 510/11 (LG Nürnberg-Fürth)
In der Regel machen Reitbeteiligungen gleich mehrere auf einmal glücklich: Der Eigentümer des Pferdes wird zeitlich und finanziell entlastet. Die Reitbeteiligung kann ihrem Hobby nachgehen, ohne gleich ein Pferd kaufen zu müssen. Und das Pferd freut sich idealerweise über noch mehr Aufmerksamkeit.
Doch auch in diesem so scheinbar harmonischen Verhältnis können gesetzliche Haftungsvorschriften für Streit sorgen. So kann im Schadensfall grundsätzlich der Eigentümer von der Reitbeteiligung aus Tierhalterhaftung gemäß § 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Anspruch genommen werden.
Sachverhalt
Die Klägerin und die Beklagte hatten einen mündlichen Reitbeteiligungsvertrag geschlossen. Die Klägerin ritt als Reitbeteiligung seit drei Jahren regelmäßig das Pferd der Beklagten, bevor es zu dem Unfall kam. In diesem Zusammenhang kümmerte sie sich selbständig um das Tier und durfte es nach Belieben reiten. Die Beklagte erhielt dafür von der Klägerin ein monatliches Entgelt in Höhe von € 35,00.
Nach einem Ausritt wurde die Klägerin jedoch durch das Pferd verletzt. Sie verlangte daher von der Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Konkludenter Haftungsausschluss bei nicht geschäftlich geprägter Vereinbarung
Das Gericht wies die Klage unter Hinweis auf eine stillschweigend vereinbarte Haftungsbeschränkung ab.
Da die Beteiligten keinen schriftlichen Reitbeteiligungsvertrag mit den üblichen Haftungsausschlüssen geschlossen hatten, kamen grundsätzlich auch die gesetzlichen Haftungsvorschriften in Betracht, z.B. die Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB.
Vorliegend lag aber nach Auffassung des Gerichts dennoch ein (konkludent abgeschlossener) vertraglicher Haftungsausschluss vor, da die Reitbeteiligung nicht geschäftlich geprägt gewesen und damit davon auszugehen sei, dass die Eigentümerin als Tierhalterin im Falle von Schäden durch das Tier nicht haften soll. Dass es sich um eine nicht geschäftlich geprägte Beziehung der Beteiligten handelte, entnahm das Gericht der Tatsache, dass die Parteien auch privat miteinander verkehrten und persönlich näher bekannt waren. Außerdem sei das vereinbarte Entgelt nicht von erheblicher Bedeutung gewesen und die Reitbeteiligung auf längere Zeit angelegt gewesen. Die Klägerin habe sich also „wie ein Tierhalter auf Zeit fühlen“ und das Risiko von Schäden durch das Tier selber tragen sollen.
Zusammenfassung
Ein – sorgfältig erstellter – schriftlicher Vertrag kann vieles im Streitfall erleichtern. Aus Dokumentationsgründen empfiehlt sich daher stets der Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung – möglicherweise geraten Sie nämlich an einen Richter, der noch nie ein Pferd aus der Nähe gesehen hat.
Unabhängig davon boten Haftungsfragen im Zusammenhang mit Reitbeteiligungen bereits vor dieser Entscheidung viele Fragezeichen. Das OLG Nürnberg erweitert diesen Problemkreis nun um einen weiteren Punkt, indem es einen konkludenten Haftungsausschluss bei nicht geschäftlich geprägten Vereinbarungen anerkennt. Zukünftig wird die Rechtsprechung wohl Folgefragen klären müssen. So bleibt unklar, warum das vereinbarte Entgelt vorliegend unerheblich war und wann genau die Grenze zur Erheblichkeit überschritten wird. Auch die wohl erforderliche persönliche Beziehung zwischen den Beteiligten wirft weitere Fragen auf.